Schultheatertage 2019 Essen

Der WP-Kurs „Darstellen und Gestalten“ 8. Jahrgang (Sons/Bischoff) zeigte sein
Stück „Lebensentwürfe – Biografien“


„Können wir beim nächsten Mal wieder mitmachen?“


Die Begeisterung, die bei allen Spielern schon während der gemeinsamen Woche im
Casa aufkam, war groß. Aber der Weg dahin war lang und nicht immer einfach...
Angeregt durch eine Fortbildung Anfang des Jahres wollte ich die neuen Ideen sofort im
Kurs ausprobieren und machte den Vorschlag an den Schultheatertagen teilzunehmen.
Ja, 4 Tage lang, von 9 Uhr bis in den Abend hinein. Die Zeit vor Ort ist gefüllt mit
Theater-Workshops, Aufführungen der teilnehmenden Schulen und nachbereitenden
Aktionen. Nein, die Teilnahme ist verbindlich, den Zahnarzttermin müsstest du dann
vielleicht absagen. Ja, ihr werdet ein eigenes Stück aufführen, an einem fremden Ort und
vor fremden Leuten...
Verständlich, dass zunächst Hemmungen da waren. Um ein Stück auf die Beine zu
stellen, welches sich mit der eigenen Biografie auseinander setzt, müssen zwangläufig
persönliche Dinge ans Licht gebracht werden. Und wie kann man dazu motivieren Dinge
auf die Bühne bringen, die einen persönlich ängstigen, die einen sehr traurig gemacht
haben oder die einem vielleicht peinlich sind?

Die Projektarbeit startete im Februar. In den WP-Stunden bekamen die SchülerInnen die
Aufgabe persönliche Gegenstände und Fotos zu einem besonderen Ereignis in ihrem
Leben mitzubringen und ein Musikbeispiel, welches ihrem Lebensgefühl entspricht.
Über kleinere Improvisationen näherten wir uns langsam an und die Schüler
entwickelten Texte und Bilder. Das Material entstand im Wesentlichen über einen
großen Improvisationsparcour, so dass es eine schöne Wechselwirkung gab zwischen
den eigenen Texten, den Skizzen und Bildern zur eigenen Person und der Musik. Auf
diese Weise entstanden z. B. sehr philosophische Texte aus der Sicht eines Kreuzes oder
einer Sanduhr, individuell zu Ende geführte Lückentexte zum Thema „Wer bin ich?“ oder
zu den „Zehn Geboten des Lebens“, persönliche Gedanken zum Thema „Geburt“ und zu
weiteren Lebensstationen. Die Texte durften anonym bleiben, die SchülerInnen wählten
gemeinsam aus und entwickelten auf dieser Grundlage Ideen für kleine Szenen, die wir
in unseren großen Improvisationsrahmen setzten und noch ein wenig ergänzten mit
Interpretationen zu Texten von Wolfdietrich Schnurre.
Und endlich war es dann da: Unser Stück! Ja, natürlich wollen wir vorspielen. Aber
müssen wir den Schrei bei der Geburtsszene wirklich so laut...? Können wir den nicht
doch weglassen? Nein. Mut zum Risiko. Probiert doch aus, was passiert. Eine bessere
Bühne bekommt ihr nicht dafür.

Wir führten unser Stück zwei Wochen vorher zuerst bei uns im Forum vor unserem
kompletten Jahrgang auf. Und dann war es endlich so weit: Am 2. Juli trafen wir uns zum
ersten Mal vor dem Casa. Alle waren pünktlich, angespannt und neugierig.
Das erste Mal ist man an einem fremden Ort, das erste Mal soll man vor einem völlig
fremden Publikum spielen, das erste Mal sieht man die tollen Stücke der anderen
Schulen und ganz andere Inszenierungsmöglichkeiten! Da kam zunächst das Gefühl auf,
dass die eigene Produktion vielleicht gar nicht in den Rahmen passen könnte. Die
anfängliche Angst vor der Präsentation des sehr persönlichen Themas verflog dann aber
nach einer sehr gelungenen Aufführung am Mittwoch, bei der alle Spieler alles gegeben
haben, alles noch viel besser klappte als zuvor und auch die anschließende
Rückmeldung der anderen Schüler und Lehrer sehr positiv und produktiv war. Und das
Gemeinschaftsgefühl mit allen zunächst fremden Schülern wuchs bei allen Aktionen vor
Ort („Das kennen wir, Frau Sons, das haben wir auch immer gemacht!“) und die Augen
leuchteten, wenn von verschiedenen improvisierten Szenen aus den Theaterworkshops
erzählt wurde. Und viele Kontakte mit Schülern aus den anderen Schulen wurden wohl
auch geknüpft und– das ist sicherlich das Wesentliche – sie sind alle gewachsen! An
Selbstbewusstsein, Spielfreude und der Erkenntnis, dass es sich lohnt mutig zu sein und
Wege zu finden, um vor einem unbekannten Publikum Einblicke in die persönliche
Biografie zu geben und dabei auch die eigenen Grenzen zu erweitern.

Ihr wollt nächstes Jahr wieder mitmachen? Versprochen.

Abschlussfoto im Casa. Zu sehen sind (fast) alle Teilnehmer aus dem WP-Kurs: Gönül, Fiona,
Gabriela, Fatou, Finja, Sarah, Israa, Valeria, Lena, Monique, Murad, Frau Bischoff, Frau Sons

Auszüge aus den Beiträgen anderer Schultheaterteilnehmer zu unserem Stück
„Biografien - Lebensentwürfe“:

Traurig – schön - persönlich – gefühlvoll – lehrreich – lustig – kurzweilig –
viel Mut und Kreativität – Mut etwas von sich zu zeigen, auch wenn es nicht nur schön ist –
wahres Leben – echt – ungewöhnliche Perspektive – Vielfalt der Menschen und
Lebensentwürfe – Ich mochte die Gruppenbilder und die berührende Texte sehr –
Gänsehaut bei der Geburtsszene

Sandra Sons

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